Ausländische Fach- und Arbeitskräfte: Erste Schritte bei Suche, Anwerbung und Bindung von Mitarbeitenden

Es wird viel über ausländische Fach- und Arbeitskräfte gesprochen, aber es bleiben viele Fragen offen: Womit soll ein Unternehmen überhaupt anfangen? Was sind die grundlegenden Schritte bei der Einstellung und Zusammenarbeit mit ausländischen Mitarbeitenden? Bastian Mahmoodi, Experte für Fachkräfteeinwanderung, Gründer und Geschäftsführer der VISABEE GmbH, Mitglied der Vollversammlung der IHK zu Kiel und zukünftig ehrenamtlicher Vorstandsvorsitzender des Norddeutschen Verbandes für Fachkräfteeinwanderung e.V., gibt im Interview Einblicke in diese und weitere Fragen.

Welcome Center SH-Redaktion: Ein Unternehmen möchte eine ausländische Fach- oder Arbeitskraft einstellen. Was sind die ersten Schritte?

B.Mahmoodi: Grundsätzlich sollte sich ein Unternehmen einige Fragen zu den internen Abläufen stellen, z.B. ob die Stelle mit einer ausländischen Fachkraft besetzt werden kann, ob die Teams auf ausländische Mitarbeitende vorbereitet sind, welche Herausforderungen dies mit sich bringt. Möglicherweise muss über Veränderungsprozesse und eine neue Kommunikationsstrategie nachgedacht werden, die auf die Zielgruppe zugeschnitten ist.

Einige Fragen lassen sich nicht pauschal beantworten. Es kommt auf die Branche an und ob es Bereiche gibt, in denen z.B. Englisch die Betriebssprache ist. Anders sieht es in Bereichen mit Kundenkontakt aus, wo perfektes Deutsch erwartet wird. Wieder ganz anders ist es im Gesundheitswesen, wo man sich mittlerweile daran gewöhnt hat. Es ist also auch immer eine Frage des Anspruchs, ob die Kundschaft bereit ist, mitzumachen. Denn im Zweifelsfall ist die Alternative, dass es gar keinen Ansprechpartner gibt, weil einfach jemand fehlt.

Welcome Center SH-Redaktion: Es kann schwierig sein, jemanden einzustellen, den man nicht persönlich kennt. Worauf soll man in einem Vorstellungsgespräch achten?

B.Mahmoodi: Die Vorstellungsgespräche mit ausländischen Fachkräften, insbesondere mit solchen, die noch im Ausland sind, verlaufen grundsätzlich anders, allein schon, weil es oft eine Sprachbarriere gibt. Wenn man keinen Vermittler dabei hat, muss man zwischen den Zeilen lesen können, d.h. wirklich verstehen, was der Bewerber sagen will, oder ob es sich um einen auswendig gelernten Text handelt. Man muss unbedingt darauf achten, ob die Person ehrlich zu einem ist, oder ob sie vielleicht nur ein Sprungbrett sucht, um nach Deutschland zu kommen und nach ein paar Monaten weg ist. Außerdem muss man sich vergewissern, dass es sich wirklich um die Person handelt, von der man die Unterlagen hat, und dass die Sprachzertifikate echt sind. Je nach Fall kann es sein, dass ein Unternehmen die Hilfe anderer Dienstleister in Anspruch nehmen muss.

Es ist daher notwendig, sich genau zu überlegen, wie eine Strategie für ein Vorstellungsgespräch aussehen könnte. Es wäre ratsam, sich hierfür einen Erwartungshorizont zu definieren, denn es muss sowohl von der Mentalität als auch von den fachlichen und sprachlichen Kenntnissen her passen.

Man darf nicht vergessen, dass man sehr unterschiedliche Erwartungshaltungen in den verschiedenen Ländern hat, da Deutschland dort ein ganz anderes Image hat. Auch darauf sollte der Arbeitgeber im Gespräch achten und seine Erwartungen und Vorstellungen von der Zusammenarbeit und den Bedingungen klar kommunizieren.

Welcome Center SH-Redaktion: Sollte ein Arbeitgeber explizite Leistungen für ausländische Fachkräfte anbieten?

"Letztlich geht es darum, qualifizierte Fachkräfte langfristig ans Unternehmen zu binden."  B.Mahmoodi

B.Mahmoodi:  Die Anpassung von Benefits an kulturelle Unterschiede und individuelle Bedürfnisse ist entscheidend. Was für deutsche Mitarbeiter als Pluspunkt gilt, könnte für ausländische Arbeitnehmende möglicherweise nicht den gleichen Stellenwert haben. Vielleicht ist ein Gutschein von 500 Euro im Jahr für einen Flug in die Heimat mehr wert als ein Gutschein fürs Fitnessstudio. Also da geht es wieder um Erwartungen, da geht es um Empathie und Verständnis für andere Kulturen.

Es ist möglich, Vereinbarungen zu treffen, z. B. die Übernahme der Umzugskosten, und zu bestimmen, dass über einen Zeitraum X, wenn die Person 12 Monate geblieben ist, sie jeden Monat automatisch eine Gutschrift erhält. Wenn die Person vorher kündigt, muss sie das anteilig bezahlen und so weiter. Solche Vereinbarungen sind zulässig, gerade wenn es um mehrere tausend Euro Umzugskosten geht.

Ich finde es noch wichtiger, dass man sich gerade in diesem Zusammenhang über ein Onboarding Gedanken macht. Das heißt, sich zu überlegen, wie sieht das Onboarding für ausländische Arbeitnehmer anders aus als für deutsche Arbeitnehmer, was muss ein Arbeitgeber dafür tun und macht es vielleicht auch Sinn, sich mit anderen Arbeitgebern zusammenzutun, die vielleicht auch diese Thematik haben, gerade auch im ländlichen Raum. 

Letztlich geht es darum, qualifizierte Fachkräfte langfristig ans Unternehmen zu binden. Daher ist eine flexible und kultursensitive Personalstrategie gefragt, die die Bedürfnisse aller Mitarbeitergruppen im Blick hat.

Nach oben scrollen